Placebo

Ein Placebo bezeichnet ein Scheinmedikament. Also ein Medikament, das keinen Wirkstoff enthält. Zunächst denkt man dabei vielleicht an einen Arzt, der seinen Patient zum Narren halten möchte, oder? Der Begriff des Placebos und auch des Placebo-Effektes ist aber vielschichtiger und äußerst interessant!

Zunächst einmal: ein Arzt, der ohne darüber zu informieren ein reines Scheinmedikament verordnet? Darf der das überhaupt? Wäre das nicht Betrug? Nun, das bewegt sich in einem recht weiten Feld zwischen “ethisch geboten“, „ethisch fragwürdig“ und „verboten“. Unbestritten ist sicher, dass eine direkte Nachfrage nach Wirksamkeitsnachweisen zwingend die Preisgabe eines fehlenden Wirkstoffs nach sich ziehen müsste.

Das heißt: kein Arzt wird Ihnen einfach eine „kleine blaue Pille“ verordnen, weil er Sie für einen „eingebildeten Kranken“ hält. Man muss aber verstehen, dass sich der Placeboeffekt am Ende nicht nur auf eine Pille bezieht. Es handelt sich vielmehr um einen Prozess. Es geht darum, wie sich der Arzt zuvor der Anliegen seiner Patienten annimmt! Wie er ihnen zuhört. Und wie er bestimmte diagnostische und therapeutische Vorgehen „bewirbt“. Der Anteil dieses „prozessierten“ Placeboeffektes, das heißt alles, was im Zusammenhang mit der Zuwendung, Bewertung und Diskussion einer Erkrankung erbracht wird, ist in medizinischen Behandlungen allgemeinhin als sehr hoch anzunehmen.

Wir wollen alle, dass man ehrlich mit uns umgeht! In diesem enorm komplexen Bereich tun wir aber gut daran zu unterscheiden.  „Zum Narren halten“ oder „Täuschen“ ist verboten! Zuwendung, Empathie und gemeinsame Therapiefindung für den Genesungsprozess zu nutzen, auch wenn ich als Arzt bezüglich einer Methode/eines Medikaments nicht hundertprozentig von der Wirksamkeit überzeugt bin, ist eindeutig erlaubt. Bitte vertrauen Sie darauf, dass sich die meisten Ärzte mit einer solchen Darstellung wohl einverstanden erklären würden. Und bitte machen Sie sich auch bewusst, das der Placeboeffekt unabhängig von Medikamenten immer einen Anteil in jedweder medizinischen Behandlung einnehmen wird!

Es gibt übrigens einen Bereich, in dem schonungslos tatsächlich „kleine blaue unwirksame Placebos“ verabreicht werden. Im Bereich der klinischen Forschung, wenn in sogenannten "placebokontrollierten Studien" eben der Placeboeffekt eines Wirkstoffs im Ergebnis „subtrahiert“ werden muss. (siehe hierzu auch den Beitrag "Evidenz oder Eminenz?")

 

Das „Thema Placebo“ ist also extrem vielschichtig. Die Bundesärztekammer hat auf Empfehlung ihres Wissenschaftlichen Beirats hierzu eine Stellungnahme in Buchumfang herausgegeben. 

 

Eine größere Akzeptanz des Placeboeffektes fördert sicher Arzt-Patienten-Kommunikation. Manche Studien beschäftigen sich sogar mit dem fortbestehenden Placebo-Effekt trotz Benennung der Verwendung eines Placebos!