Das steht mir doch zu, oder?

„Das steht mir doch zu, oder?“. Sätze wie dieser rufen bei den meisten Ärzten zumindest ein Stirnrunzeln hervor. Denn die meisten Ärzte leben in einem starken Bewusstsein unseres Solidaritätsprinzips. Die Starken stützen die Schwachen. Oder aber die Gesunden die Kranken. Denn das Prinzip baut sich anders auf. Wenn jemand erfreulicherweise Leistungen nicht in Anspruch nehmen muss, kommt das in die Versicherungssysteme eingezahlte Geld denen zu Gute, die diese Leistung leider in Anspruch nehmen müssen. Und können wir nicht froh sein, eben nicht betroffen zu sein?

 

„Ich habe mein ganzes Leben in die Krankenkasse eingezahlt…“ oder „Ich habe in meinem ganzen Leben noch keine Kur in Anspruch genommen…“ Diese oder ähnliche Sätze fallen leider noch zu häufig. Und sie werden auch nicht richtiger, wenn man auf den Nachbar verweist. 

Die Kostenträger, wie Krankenversicherung und Rentenversicherung, sehen sich immer mehr in der Pflicht, Ansprüche der Versicherten zu prüfen. Gleichzeitig sollen sie auch serviceorientiert, wettbewerblich effizient oder mindestens kostendeckend agieren. Die Folgen in einem komplexen Zuständigkeitsdschungel sind unvermeidlich. Als Ärzte erlangen wir mitunter den Eindruck, dass bei Grenzentscheidungen immer öfter mit Argusaugen darauf geschaut wird, ob nicht vielleicht ein anderer Kostenträger zuständig ist. Ist eine medizinische Rehabilitation angezeigt (Kosten trägt die Rentenversicherung) oder sind vielleicht doch noch nicht alle ambulanten medizinischen Maßnahmen zur Heilung einer Erkrankung ausgeschöpft (Kosten trägt die GKV)? Ist bei einem asthmakranken Kind mit gleichzeitigen familiären Belastungssituationen eine Mutter-Kind-Kur (GKV) die angezeigte Maßnahme, oder doch vielleicht eine Kinder-Reha (DRV). Es gibt auch in anderen Bereichen sicherlich etliche Beispiele.

Genauso, wie bei anderen Behandlungsinhalten fühlen Ärzte auch bei Beantragungen von Leistungen mitunter ihren Patienten gegenüber eine Verpflichtung. Schaffen wir es aber als Gesellschaft als gemeinsame Aufgabe Ansprüche zu reduzieren, dann profitieren die, die Leistungen am dringendsten benötigen. Beurteilungen erfolgen dann weniger im Misstrauen der Zuständigkeitsfrage, als viel mehr im Sinne der Gesundheit.