Es tut mir Leid!

Sie steht regelmäßig an Nummer 1 auf unserer Wunschliste! Ob dieser Wunsch nun uns selbst gilt, oder aber anderen. Es geht - natürlich - um die Gesundheit! Denn ohne sie ist alles nichts. Wir brauchen sie in einem ausreichendem Maße, um nicht in unserem täglichen Leben beeinträchtigt zu sein.

Je nach Sichtweise äußern wir philosophisch, dass nicht die reine Abwesenheit von Krankheit die Gesundheit definieren muss, sondern viel mehr ein körperliches und seelisches Wohlbefinden.

Und so erwarten wir von unserem Gesundheitssystem, dass es die besten Voraussetzung schafft, um diesem Zustand nahe kommen zu können. Oder unseren gesunden Status quo erhalten zu können. Und von denen, die für unsere Gesundheit verantwortlich sind, erwarten wir in ihrem Handeln nicht weniger, als die höchsten Ansprüche an sich selbst. In der Zuwendung zu unseren gesundheitlichen Problemen. In der Gewissenhaftigkeit bei der Diagnostik. In der Sorgfalt bei der Therapie. Vorab: diese Erwartungen sind gerechtfertigt. Wir dürfen erwarten, dass diejenigen, die in Fragen der Gesundheit ihren Dienst leisten, nach dem besten Ergebnis für ihre Schützlinge streben. Aber dürfen wir genauso erwarten, dass niemals Fehler passieren? 

Das ist eine rhetorische Frage, so viel ist klar! Denn die Fehlerkultur ist inzwischen eine moderne Sache. Und sie hat auch Einzug in die Medizin erhalten. Zurecht, denn wir erhöhen in aller Regel durch den offenen Umgang mit Fehlern die Qualität unseres Handelns. In allen Bereichen. Denn nur da, wo Fehler benannt werden, können wir auch überlegen, was wir tun können, um sie bei den nächsten Malen möglichst häufig zu vermeiden. Aus Fehlern lernen! Dieses Prinzip wohnt jedweder natürlichen und noch viel mehr jeder kulturellen Weiterentwicklung inne. Und doch ist es sehr schwierig, gerade da, wo Fehler uns am härtesten treffen können, einen offenen Umgang mit ihnen zu pflegen. Die Etablierung der Fehlerkultur in der Medizin ist somit eine große Aufgabe, in der sich sprachlich oft konjunktivisch und rhetorisch häufig auf Samtpfoten bewegt wird.

Vorsicht, denn Fehlerkultur heißt nicht einen Freibrief für den Schlendrian! Aber dort, wo die benannten Fehler zumindest „überschaubar“ bleiben, trägt sie eben nicht nur den Anspruch des Qualitätsmanagements in sich. Sie beinhaltet genauso auch die Toleranz im Umgang mit Fehlern. Kommunikation auf eine gemeinsame Ebene zu heben. Ehrliche Antworten erwarten zu dürfen, auch wenn etwas schief gelaufen ist. Kurz gesagt, auf der anderen Seite auch mal Fehler verzeihen und Menschlichkeit akzeptieren können.

Wollen wir einen Menschen als Arzt, dann müssen wir gleichzeitig akzeptieren, dass er auch menschliche Fehler macht! Wollen wir jemanden, der auch unsere menschlichen Sorgen und Nöte versteht? Jemanden, der unsere Ängste mitbedenkt, wenn die Gesundheit abwesend ist? Den können wir haben! Aber eben auch nur, wenn er selber etwas vom falsch machen versteht!

Es geht bei diesen Betrachtungen nicht um das Kleinreden fahrlässigen Handelns. Es geht auch nicht um eine „Verbiegung“ von Recht oder die Verharmlosung von offensichtlichen Kunstfehlern.

Es geht vielmehr um die Akzeptanz, dass wir Recht, nicht immer aber Gerechtigkeit in einer Sache erwarten dürfen.

Und natürlich sind diese Fragen auch gesellschaftlich relevant! Trotz der nüchternen Betrachtungen der qualitativen Verbesserungen durch Fehlerkultur. Und trotz der gleichzeitigen Akzeptanz der Menschlichkeit von Fehlern: der Zeigefinger scheint in unserer Gesellschaft aktuell länger zu werden. Wir halten es immer weniger aus, schicksalhafte Betrachtungen anzuerkennen. Wir können immer weniger akzeptieren, wenn ein Verlauf schlicht „unglücklich“ genannt werden muss. Wir wollen immer häufiger nicht nur Fehler benennen, sondern auch anklagen. Und diese Entwicklung kann selbstverständlich der positiven Entwicklung der Fehlerkultur entgegen wirken.

Wie auch in anderen Lebensbereichen gilt auch in der Medizin:  der Satz „Es tut mir Leid“ ist eine Chance! Eine Chance für einen menschlichen Umgang miteinander!

 

Fehlerberichts- und Lernsystem für Hausarztpraxen (Jeder-Fehler-zaehlt)

 

Berichts- und Lernsystem der Ärzteschaft für kritische Ereignisse in der Medizin (CIRSmedical)