Eine Überdiagnose ist die Diagnose einer tatsächlich vorhandenen Erkrankung, die aber zeitlebens - wäre sie gar nicht erst diagnostiziert worden - keine wesentlichen Folgen nach sich gezogen hätte und auch keine wesentlichen Beschwerden ausgelöst hätte.
Aber was ist denn daran so schlimm? Es ist doch gut, wenn man über eine Diagnose Bescheid weiß, oder?
So einfach ist die Betrachtung des Problems leider nicht. Alleine das Wissen um eine Erkrankung kann zum einen Ängste, Sorgen und Nöte hervorrufen. Diese stellen dann selbst eine Beeinträchtigung der Gesundheit dar.
Zum anderen zieht die Überdiagnose häufig belastende Diagnostik und Therapie nach sich. Dies wiederum kann Komplikationen mit sich bringen.
Begreiflicher wird die Problematik an einem Beispiel. Vor allem im Bereich der Früherkennung des Prostatakrebs und der Bestimmung des PSA-Wertes ist der Begriff der Überdiagnose Anlass von Diskussionen. Denn durch die Bestimmung dieses Blutwertes werden viele Prostatakrebs-Erkrankungen diagnostiziert, die sonst zeitlebens nicht auffällig geworden wären. Sie hätten Lebensqualität und Lebenserwartung nicht eingeschränkt. Resultieren aus einer solchen Diagnose aber zum Beispiel Operationen, muss natürlich auch hier im üblichen Maß mit Komplikationen gerechnet werden. Beispielhafte Komplikationen können Inkontinenz und Erektionsstörungen sein, die die Lebensqualität natürlich erheblich beeinflussen. Ganz zu schweigen von den bereits erwähnten Ängsten und Sorgen.
Da andererseits aber durch die PSA-Bestimmung zu einem geringeren Prozentsatz auch Krebserkrankungen erkannt und therapiert werden, die sonst im Verlauf zum Tode führen könnten, entsteht ein Entscheidungsdilemma für den Patienten.
Hier ist es wichtig, sich vom Arzt sorgfältig beraten zu lassen. Es kann helfen, die konkreten Zahlen der statistischen Betrachtung einander gegenüber zu stellen. Mit der jährlichen rektalen Tastuntersuchung steht unabhängig von der PSA-Bestimmung eine andere Früherkennungsuntersuchung zur Verfügung.
Aus den genannten Gründen erklärt sich aber auch, warum es keine Kostenübernahme der PSA-Bestimmung durch die gesetzliche Krankenversicherung gibt. Die Methode ist statistisch nicht sicher genug in der Unterscheidungen zwischen relevanten und nicht relevanten Erkrankungen. Eine detaillierte Erklärung und konkrete Zahlen zu den genannten Inhalten finden Sie unter gesundheitsinformation.de. Das Thema Überdiagnose ist häufig mit Früherkennungsuntersuchungen verbunden. Ein weiteres häufiges Beispiel für Überdiagnose ist der Bandscheibenvorfall. Dass nicht jede Diagnostik sinnvoll ist und eben auch zu Übertherapie mit problematischen Folgen führen kann, fällt auch vielen Ärzten noch schwer ihren Patienten zu vermitteln. Es gerät aber zusehends in den Fokus.